Jeder, der zumindest schon einmal gute PC Spiele gespielt hat, wird den Begriff eSport schon gehört haben. Beim eSport, oder auch oft als „elektronische Sportarten“ bezeichnet, handelt es sich um organisierte Wettbewerbe von Multiplayer-Spielen. Doch was ist eSport eigentlich? In anderen Worten ist es also der offizielle Name für die professionellen Wettbewerbe der Computer- und Videospielwelt. Professionelle Gamer (ja, die gibt es wirklich!) treten entweder online oder von Angesicht zu Angesicht gegeneinander an, um ihre Fähigkeiten, Reflexe und Ausdauer auf die Probe zu stellen.
Genau wie beim Fußball oder Boxen treten gut trainierte Personen, oder manchmal auch ganze Teams, gegeneinander an, um Anerkennung, weltweiten Ruhm und große Geldpreise in Höhen bis zu Millionen von Dollar zu gewinnen. Statt auf einem Spielfeld oder in einem Ring treten die Spieler in einem „elektronischen System“ gegeneinander an - im Videospiel, wie der Laie sagen würde.
eSport Spiele sind in der Regel schwer umkämpfte Multiplayer-Spiele, also Spiele, die sich um Spielerteams drehen, die in geschlossenen Online-Bereichen gegeneinander antreten. In den frühen 2000er Jahren handelte es sich dabei meist um Echtzeit-Strategiespiele, doch seit 2010 gehören MOBA (Multiplayer Online Battle Arena) sowie Ego-Shooter zu den beliebtesten eSport Genres. Doch in fast jedem Spiel, in dem es um Wettbewerb geht, gibt es ein Publikum und eine professionelle Spielszene. Kampfspiele, Rennspiele und sogar Sammelkartenspiele sind in der heutigen eSport Szene sehr beliebt. Die Regel ist einfach: solange ein Spiel unterhaltsam und intensiv ist, sodass das Zuschauen Spaß macht, kann es in den Kreis, der erfolgreichen eSport Spiele hinzugefügt werden.
Wettbewerbsorientierte Games gibt es in der eGaming Welt schon seit langem, mindestens seit der ersten Space Invaders Championship 1980, doch eSport und eSport Spiele, wie man sie heute kennt, haben sich erst seit dem ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts entwickelt. Strategie-Spiele, wie sie oft auch als Windows Spiele kostenlos verfügbar sind, sind seit jeher ein beliebtes Spiel-Genre. Viele Fans sehen so z. B. StarCraft, ein 1998 auf den Markt gebrachtes und sehr beliebtes Echtzeit-Strategiespiel als den ersten wahren eSport Titel. Im Jahr 2000 ergriff der StarCraft-Wahn Südkorea und eine riesige Profi-Gamingszene wurde ins Leben gerufen. Profispieler wurden in den Medien gefeiert und die Wettbewerbe wurden in drei speziellen Fernsehsendern übertragen. Der Einfluss des Spiels auf das Land war so groß, dass wenn man „offizieller Sport Südkorea“ googelt, man heute noch als erstes Ergebnis StarCraft II findet (obwohl es sich eigentlich um Taekwondo handelt).
Seitdem sind eSport über die Grenzen von Südkorea und Asien hinweg beliebt geworden, sodass sie heute in Europa und Nord- und Südamerika als Sportart anerkannt werden. Die Wettbewerbe ziehen riesige Zuschauermassen an, die ganze Stadien füllen, und werden live über verschiedene beliebte Online-Streaming-Services über das Internet übertragen. eSport und seine eSport Spiele sind aktuell sogar der heißeste Trend in der Welt der Videospiele. Im Jahr 2016 sahen 324 Millionen Menschen weltweit in irgendeiner Form eSport zu, sprachen darüber oder beteiligten sich daran. Dabei wurde ein Umsatz von ca. 500 Millionen US-Dollar erzielt, in erster Linie durch Medienrechte, Eintrittskarten und Sponsoring.
Jeder Spielentwickler strebt danach, zur nächsten Sensation in der Welt der eSport zu werden, und das aus gutem Grund - Riot Games, der Entwickler des MOBA- und eSport Renners League of Legends verdiente im Jahr 2015 nur durch dieses eine, gratis spielbare Spiel 1,6 Milliarden US-Dollar. Bei mehr als 100 Millionen aktiven Spielern pro Monat ist das kein Wunder. Ein Hauptgrund für die Beliebtheit des Spiels ist es, dass es sich um einen der bekanntesten eSport Titel weltweit handelt, mit einem offiziellem Liga-System und einer Weltmeisterschaft. Allein in diesem Jahr verdiente das Team, welche den Meistertitel gewann, einen Preis von mehr als 2 Millionen US-Dollar.
Man kann also zweifellos sagen, dass eSport derzeit eine große Sache sind und das jedes Multiplayer-Spiel einen Anteil daran haben will. Doch eines der wichtigsten Genres wird von der eSport Welle fast völlig übergangen - Massively Multiplayer Online Games.
Massively Multiplayer Online Games, oder MMOs bzw. MMO Spiele, sind groß angelegte Spiele, bei denen Millionen von Spielern aufeinander treffen, um eine gigantische digitale Welt zu erkunden, zu kämpfen und gemeinsam Zeit zu verbringen. Das bekannteste Untergenre von MMOs ist MMORGP (Massively Multiplayer Online Role-Playing Game), welche seit Anfang der 2000er Jahr durch Spiele wie World of Warcraft und RuneScape in der Welt des eGaming an Beliebtheit gewonnen haben. Zu anderen Untergenres zählen MMORTS (Echtzeit-Strategie), MMOFPS (Ego-Shooter) und sogar Massively Multiplayer Online Social Games wie das berüchtigte Second Life. Um die Sache einfach zu halten, konzentrieren wir uns hier auf best MMORPG und sprechen später ein paar andere Varianten an.
MMOs sind sowohl Multiplayer- als auch Wettbewerbsorientiert, was sie zu perfekten eSport Titeln macht, zumindest in der Theorie. Warum sehen wir also nicht mehr davon in der eSport Szene? Es liegt jedenfalls nicht daran, dass es niemand versucht.
World of Warcraft, zweifellos das berühmteste MMORPG der Welt, wurde im Jahr 2005 veröffentlicht, hatte aber bis 2007, als Blizzard endlich das Potenzial von Wettbewerben zum Gewinn neuer Spieler erkannte, keinen Player vs. Player (PvP) Modus, der Belohnungen ermöglichte. Eine Weile lang war WoW wirklich beliebt bei Zuschauern wie auch Spielern, doch das hielt nicht lange an. Im Jahr 2010 entfernte Major League Gaming, der Platzhirsch unter den Veranstaltern von eSport Wettbewerben, World of Warcraft aus seiner Besetzung, angeblich aufgrund der problematischen Zuschauer-Software des Spiels.
Dennoch scheinen Leute weiterhin Spaß daran zu haben, World of Warcraft PvP anzusehen - man muss nur Jackson „Bajheera“ Bliton fragen, der im Jahr 2014 Blizzards „Best World of Warcraft PvP Streamer“-Preis gewann. Bliton hat derzeit mehr als 300.000 Fans und 20 Millionen Views auf Twitch, einem beliebten Online-Streamingservice. Das klingt nach einer ganzen Menge, doch es handelt sich nur um einen Bruchteil der Zahlen, die führende League of Legends-Streamer erzielen. So hat zum Beispiel Michael „Imaqtpie“ Santana, ein ehemaliger LoL Spieler und einer der beliebtesten Streamer auf Twitch derzeit mehr als 1,5 Fans und 180 Millionen Views.
Doch League of Legends ist noch nicht mal das meistgesehene Spiel auf Twitch. Laut einer Marktforschungsstudie von Newzoo ist LoL nur auf dem dritten Platz und wird übertroffen von Dota 2 (einem weiteren MOBA) und Counter-Strike: Global Offensive, einem FPS, an erster Stelle. WoW hat es noch nicht einmal unter die Top 10 geschafft - und auch kein anderes MMO. Bliton behauptet, dass diese Lücke zwischen traditionellen MMOs und eSport Games auf einem Hauptgrund beruht: Leute sehen sich World of Warcraft nicht an, weil sie an den Wettbewerben interessiert sind. Stattdessen wollen sie sehen, wie hochrangige Spieler spielen, um ihren eigenen Stil zu verbessern.
Man kann schlecht den Zuschauern die Schuld dafür geben, dass sie nicht lange Spaß daran haben, jemanden beim Spielen eines MMORPGs zuzusehen. In der Regel ist das Tempo von MMORPG-Titeln ziemlich langsam, und das Grundprinzip der Spiele sorgt nicht gerade dafür, dass es spannend ist, ihnen zuzusehen. Man sollte daran denken, dass eSport in erster Linie Zuschauersportarten sind: Wenn die Zuschauer keinen Spaß daran haben, dem Spiel zuzusehen, funktioniert das Spiel einfach nicht als eSport Titel.
Eine der besten Methoden, um eSport Fans zu begeistern, ist es natürlich, ihnen spannende Spieler vs. Spieler Matches zum Zuschauen zu bieten. Doch nicht alle MMOs wurden mit diesem Konkurrenzgedanken entwickelt und viele konzentrieren sich eher auf Erkunden, Missionen und Kooperation. Diese Spiele, in denen Spieler gegen einen computergesteuerten Feind oder das Spiel selbst spielen, fallen unter „Spieler vs. Umgebung“ (PvE). Da PvE nicht annähernd so konkurrenz-orientiert ist wie PvP, steht es MMOs beim Einstieg in die eSports szene im Weg.
Selbst wenn Entwickler sich mehr auf PvP konzentrieren würden, um attraktiver für die eSport Szene zu sein, gingen sie dabei das Risiko ein, ihre Spieler-Basis zu verlieren. MMOs leben und sterben mit ihrem Inhalt - um eine zufriedene, lebendige Community zu garantieren, muss man Spielern regelmäßig neue Funktionen und Erlebnisse zur Verfügung stellen. Das Gleichgewicht zwischen einer Verbesserung der PvP-Funktionen und neuer PvE-Inhalte ist schwierig zu halten. Die meisten Entwickler konzentrieren sich bei MMORGPs eher aufs letztere.
Der unzureichende PvP-Fokus ist nicht das einzige Problem, vor dem die meisten MMO-Spiele stehen. Sagen wir mal, ein Massively Multiplayer Online RPG konzentriert sich auf den Wettbewerb zwischen den Spielern. Dann hat es dennoch weiterhin Probleme mit Beute, Ausrüstung und der stetigen Charakterentwicklung. Das Sammeln von Beute und Erfahrung zur Verbesserung der Fähigkeiten eines Charakters ist ein grundlegender Bestandteil eines jeden RPG, doch im Sport-Bereich hilft es einem nicht, nur aufgrund eines bestimmten Gegenstandes stärker zu sein. Das ist einfach unfair. In vielen guten eSport Titeln muss man, um besser als die Gegner zu sein, eine bessere Strategie, bessere Reflexe und Fähigkeiten haben, nicht einfach nur ein größeres Schwert.
Julianne Harty, Markenmanagerin von Blade & Soul bei NCSoft trifft den Nagel auf den Kopf: „Jede sportähnliche Tätigkeit muss leicht zu beginnen, aber schwer zu meistern sein und deine Leistung in dieser Sportart sollte nicht von der Ausrüstung abhängig sein, die du verwendest.“ Blade and Soul geht Kämpfe auf ziemlich einzigartige Weise an. Im Gegensatz zu anderen MMORPG-Spielen basieren die Schlachten nicht auf statistischen Werten oder Beute, sondern auf den Fähigkeiten und Reflexen des Spielers, ganz ähnlich wie Online-Kampfspiele. „Um [bei Blade & Soul] konkurrenzfähig zu sein, braucht man Wissen und Geschick“, so Harty. „Es dreht sich allein um den Spieler selbst, nicht darum, für welche Klasse oder Ausrüstung für seinen Charakter er sich entscheidet.“
Doch das löst noch immer nicht das Problem der Charakterentwicklung oder des „Charakterlevels“. Je höher das Level eines Charakters, über desto mehr Fähigkeiten und Geschick verfügt er. Das bietet alteingesessenen Spielern einen riesigen Vorteil gegenüber Neulingen und räumt mit jeder Hoffnung für eine nachhaltig wachsende Spielercommunity auf.
Andererseits kann man nicht einfach die Zeit (und auch oft das Geld), welches man in die Entwicklung eine Charakters gesteckt hat, vor jedem Wettbewerb zurücksetzen. Das mag in dynamischeren MOBAs funktionieren, in denen jeder der Dutzende von Charakteren über festgelegte Fähigkeiten verfügt, aber nicht in einem MMORPG, in dem Spieler ihre eigenen Charaktere von der Pike auf gestalten.
Bisher haben wir hauptsächlich von MMORPGs gesprochen, und obwohl es sich um eines der häufigsten Untergenres der MMO-Welt handelt, ist es bei weitem nicht das einzige. Strategie-MMO-Spiele, MMO-Shooter und Massively Multiplayer Online Survival-Titel sind ebenfalls beliebt genug, um in Betracht zu kommen. Es ist wenig überraschend, dass diese Untergenres als eSport Titel erfolgreicher sind, denn schließlich sind sie, naja... weniger massiv.
World of Tanks ist seit Beginn der Wargaming League im Jahr 2013 als eSport Titel ziemlich erfolgreich, und das aktuellste Spin-Off des Spiels, World of Warships, scheint sich nach einem ausgezeichneten Debüt als wettbewerbsfähiger Titel bei den 2016 Wargaming League Grand Finals in Warschau noch besser zu schlagen. Ark: Survival Evolved, ein MMO Survival-Spiel, hat vor kurzem eine unabhängige Wettkampfvariante namens Survival of the Fittest auf den Markt gebracht, ein Multiplayer Online Survival Arena (MOSA), in dem Spieler darum kämpfen, der letzte Überlebende auf einer Insel zu sein.
Diese Spiele sind moderat erfolgreich, doch beide noch relativ neu in der eSport Szene und noch nicht beliebt genug, um sich in der „großen“ Liga zu messen. Ein weiteres Problem besteht darin, das beide Spiele auf genau das verzichten, was sie zu einem MMO macht, vor allem den „Massenaspekt“, um attraktiver für Spieler, die eSport Spiele spielen, zu sein.
Kann MMO-Spielen also der Einstieg in die eSport Szene gelingen, ohne dass sie ihre Ursprünge missachten? Wir glauben, dass es möglich ist. RuneScape, ein Fantasy MMORPG, hat ein interessantes Experiment zum Thema eSport und MMOs durchgeführt. Das Ziel bestand daran, einen Weg zu finden, über den ein MMO-Game weiterhin große Spielermengen anziehen und gleichzeitig als eSport Titel zu funktionieren. Eine dabei entwickelte Idee ist etwas, was der Leiter des Studios und Produkt-VP Phil Mansell „MMORPG im Vorspulmodus“ nennt.
Stelle dir folgendes vor: Ein MMO-Wettbewerb, der sich über mehrere Tage erstreckt und an dem tausende von Spielern auf einem neuen Server von vorn beginnen. Der Fortschritt wird erheblich beschleunigt, sodass Teilnehmer in nur wenigen Stunden statt in mehreren Tagen im Level aufsteigen und ihre Charaktere entwickeln können. Das Endziel ist einfach und ähnelt dem, welches wir in den heutigen MMO eSport Wettbewerben sehen: Überleben. Es handelt sich um das alte Konzept vom letzten Überlebenden, allerdings in einem erheblich größeren Rahmen.
Wenn so viele Spieler gleichzeitig beteiligt sind, ist Action und Drama garantiert. Riesige Schlachten zwischen Spielergruppen, herzzerreißende Vertrauensbrüche und atemberaubende Showdowns. Natürlich dauert dieses „Match“ etwas länger, als die meisten eSports Fans gewohnt sind, jeden Tag ein paar Stunden, aber mit so vielen aktiven Spielern und vielen verschiedenen Handlungen wird es nicht langweilig. Zuschauern wird es auch leichter fallen, eine Beziehung zu ihren Lieblingsspielern und -charakteren aufzubauen, da sie sie vom Anfang ihrer langen Reise an begleiten. Einen MMO-Spieler über all seine Herausforderungen, Siege und Niederlagen hinweg zu begleiten ist genauso, wie die Karriere eines Sportlers oder einer Mannschaft zu verfolgen.
Massively Multiplayer Online-Games sind bereits ein Teil der eSport Szene sowie der eGaming Welt, wenn auch derzeit nur ein sehr kleiner. Dahinter steckt eine Menge Potenzial, und wir wären nicht überrascht, wenn in Zukunft immer mehr MMOs diese lukrative Nische in Betracht ziehen würden. MMOs können auch ohne eSport relevant bleiben, doch da kostenlos spielbare und „Freemium“-Spielmodelle bei den meisten dieser Spiele den Markt gegenüber kostenpflichtigen Varianten zu beherrschen zu beginnen, werden Entwickler eSport als einflussreiches Marketingmodell in Betracht ziehen.
Das bedeutet jedoch nicht das Ende der MMOs oder dass sie auf das verzichten werden, worauf sie ursprünglich basierten. Erstens gibt es noch immer ein riesiges Publikum für „klassische“ MMO-Spiele, RPG oder anderweitig. Zweitens gibt es kreative Wege, um zu garantieren, dass ein neuer Fokus auf Wettbewerbe nicht dazu führt, dass traditionelle MMO-Elemente vernachlässigt werden. Durch eine Vereinfachung des Kampfmechanismen, flexiblere Charaktergestaltung und einen fortgesetzten Fokus auf „massives“ PvP können MMOs einen eigenen Stil in die eSport Szene einbringen und sich ihre Existenz als wichtiges Spielgenre sichern.